Paul Uschdraweit

In Walter Kempowskis „Echolot“, genauer gesagt im Band III des zweiten Teils mit dem Untertitel „Fuga Furiosa“, finden sich auch zwei Texte des Landrats Paul Uschdraweit, der den Untergang der „Wilhelm Gustloff“ überlebte. Auch wenn sich sein eine Ausführungen (verständlicherweise) erst im Nachhinein aufgezeichnet wurden und die exakten Uhrzeiten der Ereignisse in einigen Fällen geschätzt werden mussten, konnten sie als Grundlage für illustrierende Tweets zum Schiffsunglück dienen. Über Uschdraweit lässt sich in der Literatur nur wenig finden; er findet beispielsweise keine Erwähnung in Ernst Klees „Personenlexikon zum Dritten Reich“ oder in einem ähnlichen Buch von Hermann Weiß. Die einzigen, knappen, biographischen Daten entstammen Christian Rohrers „Nationalsozialistische Macht in Ostpreußen“.

Uschdraweit, Jahrgang 1891, kämpfte im Ersten Weltkrieg und trat danach der Deutschnationalen Volkspartei und später der Deutsch-Völkischen Freiheitspartei bei. In seinem Geburtstort Schorellen war er zudem von 1925 an stellvertretender Ortsgruppenführer des „Stahlhelm“. Bereits am 1. Dezember 1931 trat er der NSDAP bei und wurde Mitte der 1930er-Jahre Kreisleiter und dann Landrat im Kreis Pillkallen. Von September 1937 bis 1945 war er dann als Landrat im Kreis Darkehmen (ab 1938 Angerapp) tätig. Über sein weiteres Leben während des „Dritten Reichs“ bis zu seiner Rettung von der „Wilhelm Gustloff“ ließ sich bislang nichts in Erfahrung bringen.

Literatur: Rohrer, Christian: Nationalsozialistische Macht in Ostpreußen, München 2006, S. 609

Harald Schäfer

Bei der Beschäftigung mit dem Kriegsende in Deutschland 1945 stellt sich auch die Frage, wie Kinder und Jugendliche diese letzten Monate erlebten. Einer der Protagonisten, die wir auf Twitter begleiten, ist der 1931 geborene Harald Schäfer, der ab 1941 die Nationalpolitische Erziehungsanstalt (besser bekannt als Napola) in Oranienstein bei Diez an der Lahn besuchte und ein Tagebuch führte.

Schäfers Vater legte ab Mitte der 1930er Jahre eine rasche Karriere hin: 1934 wurde er Rektor der Hans-Schemm-Schule in Offenbach und 1935 Kreisschulrat in Dieburg. Im Nachhinein erklärt Harald Schäfer sich dies nicht ausschließlich mit der Begeisterung des Vaters für seinen Beruf sondern auch mit seinem „Engagement für die Idee des Nationalsozialismus“. Im Oktober 1939 meldet sich Vater Schäfer freiwillig zur Infanterie und erhält nach Kämpfen bei Merzig an der Saar das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Später ist er in Norwegen stationiert, wo er zum Leutnant befördert wird.

Harald Schäfer wohnt zunächst mit seiner Mutter, drei Geschwistern (weshalb die Mutter das Mutterkreuz, 3. Stufe, erhalten hat), seiner Großmutter und einem Dienstmädchen in einer großen Dienstwohnung in Dieburg. Im September 1940 erhält er ein in großen Teilen sehr gutes Zeugnis. Weil der Rektor der Schule glaubt, der Familie einen Gefallen schuldig zu sein, meldet er Harald für eine NPEA an. Nach einer ärztlichen Untersuchung im Oktober findet im Anfang März 1941 die Aufnahmeprüfung in Oranienstein statt. Hierzu gehören verschiedene Prüfungen in Unterrichtsfächen und in sportlichen Disziplinen, aber auch „Mutproben“, wie das Springen aus dem ersten Stock des Schlosses (ca. sechs Meter) und dem Sprung vom 1-Meter-Brett ins Schwimmerbecken. Daraufhin wird Harald Schäfer, nach einer halbjährigen Probezeit, offziell als „Jungmann des 1. Zuges“ in der Napola Oranienstein aufgenommen.

Literatur: Schäfer, Harald: Napola. Die letzten vier Jahre der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Oranienstein bei Diez an der Lahn 1941-1945. Eine Erlebnisdokumentation, Frankfurt am Main 1997